Verehrte Leser,

anlässlich meines jüngsten Besuchs bei der Fédération Cynologique Internationale (FCI) konnte ich mit Freude feststellen, dass der Bürgermeister der Stadt Thuin, Herr Paul Furlan, sein zur Einweihung unserer neuen Büroräume abgegebenes Versprechen gehalten und die Stadt zur Welthauptstadt der Hunde ernannt hat.

Im Rahmen dieser Initiative veranstaltete die Fédération Cynologique Internationale (FCI) mit Unterstützung des Tourismusbüros von Thuin einen Rundgang durch das historische mittelalterliche Stadtzentrum.

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Rafael de Santiago
Präsident der FCI
Entstehungsgeschichte der FCI
(1910-1922)
Fred Denayer, Belgien,
Ehemaliger Präsident der SRSH, 2004-2011
gestützt auf die Protokolle der verschiedenen Sitzungen, die in diesem Zeitraum stattfanden.
TEIL 3/4

Die Gründungstagung in Paris, am 22. Mai 1911

Gründungstagung 1911 in Paris, Protokoll
Gründungstagung 1911 in Paris, Protokoll

Die folgenden Länder sind vertreten:

  • Deutschland, vertreten durch Freiherrn von Plato und Freiherrn von Rodde (Delegierten-Kommission), und von Georg Obreen (Kartell);
  • Österreich, vertreten durch Freiherrn von Plato;
  • Belgien, vertreten durch G. De Buck, G. van Muylem und J. Lévita;
  • Niederlande, vertreten durch Dr. A.J.J. Kloppert und Jhr P. N. Quarles van Ufford;
  • Frankreich, vertreten durch Gramont, Herzog von Lesparre, Graf J. Clary und Baron Jaubert.

Graf Bagneux, Vizepräsident der Société Centrale pour l’Amélioration des Races de Chiens en France, heißt die Verbandsteilnehmer aus dem Ausland willkommen. Auf Vorschlag von Dr. Kloppert wird der Herzog von Lesparre zum vorläufigen Präsidenten ernannt. Das Protokoll der vorausgehenden Sitzung in Brüssel am 07.03.1911 wird von Dr. Kloppert verlesen und dann verabschiedet.

Dann liest der Präsident die in Brüssel vorgeschlagenen und genehmigten Statuten vor.
Zu diesem Zeitpunkt informiert Baron Jaubert die Teilnehmer über einen Vorschlag vonseiten des American Kennel Club (AKC), einem Dachverband von 116 Vereinen. Sein Vertreter Goldenberg stellt den Antrag, dass der AKC ebenfalls Mitglied des Verbands wird. Auch wenn die Untersuchung dieses Beitrittsantrags auf ein späteres Datum verschoben wird, löst es eine Diskussion aus, die dazu führt, dass das Wort „Europäisch“ im Verbandsnamen durch das Wort „International“ ersetzt wird: Der Verband wird künftig als die „Fédération Cynologique Internationale“ bekannt werden. Es wird auch beschlossen, dass der Vorstand nur von den Vereinigungen mit dem eingetragenen Geschäftssitz in Europa gewählt werden kann, und dass, ein Zeichen für den offensichtlichen Erfolg des Verbands, der Vorstand auch einen stellvertretenden Sekretär umfassen wird, der als Assistent des Sekretärs und Schatzmeisters fungieren wird.

Da keine weiteren Kommentare von den Teilnehmern kommen, bringt der Präsident die Verabschiedung der Statuten in ihrer derzeitigen Form zur Abstimmung. Im Anschluss an deren einstimmige Verabschiedung erklärt der Präsident die Fédération Cynologique Internationale (FCI) für gegründet!

Der nächste Tagesordnungspunkt besteht in der Ernennung des Vorstands für 1911. Die folgenden Vertreter werden durch Abstimmung per Handzeichen ernannt, um den allerersten Vorstand der FCI zu bilden:

  • Präsident: Herzog von Lesparre (Frankreich),
  • Vizepräsident: Freiherr von Plato (Deutschland),
  • Sekretär und Schatzmeister: Dr. Kloppert (Niederlande),
  • Stellvertretender Sekretär: Obreen (Deutschland)

Im Lauf der Diskussionen trifft die Versammlung wichtige Entscheidungen für die FCI: Die Schaffung des Titels eines „Champion International de Beauté“ (CIB-Titel) sowie einer Auszeichnung namens „Certificat d'Aptitude au Championnat International de Beauté“ (CACIB). Diese Auszeichnungen sind bereits in der allerersten Fassung der FCI-Statuten und des FCI-Reglements erwähnt. Es wird ein weiteres noch heute gültiges wichtiges Prinzip verabschiedet, auf dem unser Verbandssystem beruht: Die gegenseitige Anerkennung der Zwingernamen durch die FCI-Mitglieder.

Erste Statuten der FCI, 1911
Erste Statuten der FCI, 1911

Somit ist 1911 das Gründungsjahr der FCI. Ihre Errichtung ist das Ergebnis der Bemühungen von erfahrenen und beharrlichen Kynologen und Hundefreunden aus Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Die seinerzeitige Wirtschaftssituation, die oft als die „Belle Epoque“ bezeichnet wird, bietet dafür ein günstiges Umfeld.

Zwischen dem Gründungsdatum und dem tragischen ersten Weltkrieg hält die FCI verschiedene Generalversammlungen ab. Die erste nach Gründung der FCI veranstaltete Konferenz findet im Jahr 1912 in Amsterdam statt, unter dem Vorsitz von Herzog von Lesparre. In seiner Eröffnungsrede nimmt er Bezug auf das Misstrauen verschiedener Hundeverbände, die die FCI als mögliche Bedrohung ihrer Autorität und Unabhängigkeit sehen. Das Motto von Herzog von Lesparre lautet „Ni conquérants, ni conspirateurs“ (weder Eroberer, noch Verschwörer“).

Die allererste CACIB-Ausstellung, die je abgehalten wurde, findet vom 6. - 8. April 1912 in Brüssel statt, gefolgt von weiteren in Frankreich (Paris und Lyon) sowie in den Niederlanden (Amsterdam). Gleichzeitig finden in Belgien (Beuzet) und Frankreich (Sandricourt) die allerersten CACIT-Prüfungen statt.

6. - 8. April 1912, Brüsseler Hundeausstellung, CACIB-Sieger

In Amsterdam erstattet Dr. Kloppert erstmals Bericht über die Finanzen der FCI (per Ende 1911). Sie ergeben einen Verlust von 163 holländischen Gulden (80 €), wofür Dr. Kloppert selbst aufgekommen ist!

Die nationalen Hundeverbände Spaniens (Real Sociedad Canina en España), Italiens (Kennel Club Italiano) und der Vereinigten Staaten von Amerika (American Kennel Club) werden als FCI-Mitglieder aufgenommen, wobei für die letzteren andere Bedingungen gelten, die noch auszuarbeiten sind.

Es wird ein weiterer wichtiger Beschluss gefasst, der durchaus erwähnenswert ist: Die Amtszeit des gewählten Präsidenten beginnt mit dem Ende der Generalversammlung. Er leitet dann die Arbeiten und übernimmt den Vorsitz der nächsten Generalversammlung, die in seinem Land stattfinden wird.

Im folgenden Jahr, im März 1913, findet die dritte Generalversammlung in Berlin (Deutschland) statt, unter Vorsitz des FCI-Präsidenten Oberstleutnant Rausch. Die finanzielle Lage (per Ende 1912) hat sich verbessert, mit einem Guthaben von 3,12 Holländischen Gulden (1,6 €)!!

Baron W. del Marmol (BE) wird zum Präsidenten gewählt. Er kann jedoch aus gesundheitlichen Gründen das Amt nicht ausüben, und der Vorsitz wird von Victor Du Pré übernommen.